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Dienstag, 31. Januar 2012

das Kölsche Grundgesetz

Wenn man den Rheinländer beschreiben will, da gibt es Situationen, die erschließen sich nur über den Dialekt.

In einer Karnevalssendung erzählten zuletzt zwei Putzfrauen einen Witz:

Erste Putzfrau: ech maak die ääd (ich mache Diät)
Zweite Putzfrau: ech maak die vinster (ich mache die Fenster)

Jemand, der des rheinischen Dialektes nicht mächtig ist, kann diesen Witz nicht verstehen, denn das Wort „die ääd“ ist mehrdeutig. Zum einen „Diät“, so wie es der Hochdeutsche versteht, zum anderen „die Erde“ auf Platt, auf Kölsch.

Am Beispiel dieses Witzes lässt sich der Rheinländer charakterisieren. Der Rheinländer ist direkt, er kann derb sein, er nimmt die Dinge nicht richtig Ernst. Lachen und Humor sind zentraler Bestandteil – nicht nur zu Karnevalszeiten – vor allem kann er auch über sich selbst lachen. Bodenständig und verwurzelt ist er in seiner Heimat und in seinem Umfeld.

Charakterisieren kann man den Rheinländer auch über Gegensätze, nämlich zu anderen deutschen Gegenden.

So ziemlich das Gegenteil zu den Rheinländern sind „Fischköppe“ oder Hamburger. Eine kühle, auf Distanz gehende, rational geprägte Art ist dem Rheinländer fremd. Er schart sich lieber mit anderen zusammen, trinkt gerne ein paar Kölsch oder Alt – aber kein Pils – in der Eckkneipe. Dabei ist egal, welche Kumpel dies sind oder welche Nationalität sie haben. Mit Rheinländern kommt man schnell ins Gespräch, sie sind ein geselliges Völkchen.

Die Schwaben sind ein anderer Gegenpol zu den Rheinländern. Rackern, ackern, schuften, das kann auch der Rheinländer, aber bitte mit einem Spaßfaktor. Immer nur schaffen, schaffen, schaffen, dazu fehlt dem Rheinländer die Ausdauer. Da sucht er lieber – wie bei anderen Dingen – die Geselligkeit mit anderen. Nach getaner Arbeit mit anderen einen Trinken – da stimmt sein Weltbild wieder.

Skeptisch betrachtet der Rheinländer alles, was aus dem Hauptstadtraum rund um Berlin kommt. Das sind Nachwehen des Wiener Kongresses von 1815, als das Rheinland, welches bis dahin Frankreich zu gehörte, von Preußen okkupiert wurde. Preußische Denkweisen wie Disziplin, Obrigkeitsdenken, Hierarchien, Fleiß kombiniert mit Entbehrung, das alles ist dem Rheinländer höchst suspekt. In dieser Epoche sind auch die Wurzeln des Karnevals zu suchen: der Rheinländer schlüpfte in seine Uniform, so wie er es wollte, nicht im Gleichschritt mit irgendwelchen Kompanien, sondern lieber in geselliger Runde.

Große Ähnlichkeiten hat der Rheinländer hingegen mit den Bayern. Biergärten haben sich zunehmend im Rheinland ausgebreitet. Beide Volksgruppen pflegen vielerorts ihren Dialekt, sie sind in ihrer Heimat verwurzelt und sie sind stolz darauf. Beide Charaktere sind deftig, direkt, sie sagen ihre Meinung, sie ecken an und man weiß, was man von ihnen zu halten hat.

Es ist nicht richtig kodifiziert, sondern über die Jahre gewachsen, aber sehr treffend ist die Mentalität des Rheinländers in dem „Kölschen Grundgesetz“ beschrieben. Eine vollständige Version hat der Kabarettist Konrad Beikircher zusammengefasst:

Artikel 1
Sieh den Tatsachen ins Auge!
Et es wie et es.

Artikel 2
Hab keine Angst vor der Zukunft!
Et kütt wie et kütt.

Artikel 3
Lern aus der Vergangenheit!
Et hät noch immer god gegange.

Artikel 4
Jammer den Dingen nicht nach!
Wat fott es, es fott.

Artikel 5
Sei offen für Neuerungen!
Et bliev nix wie et wor.

Artikel 6
Sei kritisch, wenn Neuerungen Überhand nehmen!
Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.

Artikel 7
Füg dich in dein Schicksal!
Wat wells de maache?

Artikel 8
Achte auf deine Gesundheit!
Maach et god, ävver nit zo off!

Artikel 9
Stell immer die Universalfrage!
Wat soll dä Quatsch?

Artikel 10
Komm dem Gebot der Gastfreundschaft nach!
Drinks de eine met?

Artikel 11
Bewahr dir eine gesunde Einstellung zum Humor!
Do laachs de dich kapodd.

Das Kölsche Grundgesetz hat mir in so manchen Lebenssituationen geholfen, Gelassenheit zu bewahren. Man steht über den Dingen, die einen tagtäglich bewegen. Einerseits lernt man, Alltagssituationen mit Demut entgegen zu gehen. Andererseits, niemals den Kopf hängen zu lassen und den Blick nach vorwärts zu richten.

Ausblick:
Diesen Text habe ich nicht mehr unter der Überschrift „Pinnwand“ geschrieben. Ich bin aber mit der Form am Ringen und ich weiß nicht genau, wie sich die Pinnwand – wie auch geartet – weiter entwickelt. Ich hatte schon an kürzere Texte gedacht – eher in Stichpunkten. Nicht schlecht gemacht finde ich in einigen Blogs den Freitags-Füller, wie beispielsweise bei:


Um die Dinge in ihrer Tiefe zu durchdenken, dazu ist mir die Form wiederum zu kurz. Wie so oft, habe ich ganz viele Ideen. Die Struktur des Freitags-Füllers würde ich gerne übernehmen, aber mehr in die Länge gestreckt, so dass meine "Tiefenbohrungen" dort auch untergebracht werden können.

4 Kommentare:

  1. Hej Dieter,
    eine ausführliche Einführung ins Rheinländische, das ist prima, haben wir hier in Schweden doch einen guten Freund just aus dieser Ecke Deutschlands! Macht Laune hier zu lesen :-) !!

    lg smultron

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  2. Hallo Dieter,

    schön ist Artikel 9, Stell immer die Universalfrage!
    Wat soll dä Quatsch?

    Das werde ich mal flott übernehmen. Kann man in allen Lebens-und Arbeitsfragen stellen.

    Viele Grüße
    Jo, die sicher wieder vorbei schaut.

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  3. Ach, ich könnte mich immer wieder über euer Grundgesetz freuen. Da ist irgendwie auch so viel Wahrheit drin :-)

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  4. Heej Dieter, Ik hou van deze grondwet!
    Dank je wel voor je reacties op mijn blog!
    Volgende keer zal ik engels schrijven, ja?

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