Es war ein Ort, den wir in
Windeseile wieder verlassen wollten. Einparken, aussteigen, der Lärm der nahen
Autobahn dröhnte über unsere Köpfe hinweg.
Autobahnraststätte
Baden-Baden. Wir waren unterwegs zu unserm großen Mädchen nach Freiburg. Ich
öffnete den Kofferraum, und so wie die blaue rechteckige Plastik-Box befüllt war,
sprang die Zusammenstellung direkt in mein Auge: Gurken, Paprika, Bananen, Porree,
Schwarzbrot, alles, was lecker und gesund war für unser großes Mädchen. Und mittendrin: Feigenpralinen.
Das passte ganz und gar nicht zusammen, und wir schritten zu den Toiletten, wo
wir uns unserer menschlichen Bedürfnisse entledigen wollten. Egal welche
Autobahn, das Bild der Raststätten war unansehnlich. Gleichförmig neben die
Autobahn geklatscht, führten Treppenstufen aus Waschbeton zu dem gläsernen
Kasten, der das Restaurant beherbergte. Auf unser Geheißen öffneten sich die
Glastüren automatisch, die Toiletten versteckten sich in den Kellerräumen. Dort
irrte eine Familie mit zwei kleinen Kindern herum, die den Wickelraum suchten. Prompt
konnte ich ihnen weiterhelfen, denn zufälligerweise stand ich genau davor.
Die Feigenpralinen: das war ein
Überbleibsel des Weihnachtsfestes, denn meine Eltern hatten die Angewohnheit,
dass sie bei mir ziemlich präzise wussten, was sie mir schenken konnten, aber
bei meiner Frau landeten sie nur mit Irrtümern. Der erste Irrtum war, dass
meine Frau – so wie ich – gerne Wein trinkt – vorzugsweise schwergewichtige
spanische Rotweine. Der zweite Irrtum war, dass meine Frau gerne Pralinen isst –
möglichst extravagant und exotisch.
Raus aus den Toiletten,
fuhren wir wieder los. Auf der Autobahn brausten wir munter daher, und im
Autoradio trällerte eine englischsprachige Gruppe ein Lied. Dass Liebe wie
Sauerstoff ist, wurden wir mit ihren Weisheiten beglückt. Wenn man zu viel
Liebe bekommt, dreht man durch, wenn man zu wenig Liebe bekommt, ist man dem
Untergang nahe.
Nicht nur die Feigenpralinen
waren peinlich. Da waren noch Pralinen in Zartbitterschokolade mit leicht
geschlagener Limetten-Creme. Ich hatte davon probiert und das hatte entsetzlich
geschmeckt. Der Geschmack der Schokolade war so bitter, dass meine Zunge zusammenschrumpfte, und der
Limettengeschmack war zwar erfrischend, aber er vervielfachte die
Bitterkeit, so dass ich mich davor ekelte. Die Pralinen mit dem Limettengeschmack
konnte man niemandem zumuten, so dass sie in den Müll wanderten.
Baustellen quälten uns, dann freie Fahrt. Freiburg: in
ihrer Studentenbude sammelten wir unser großes Mädchen ein, und das Restaurant, das
sie sich zum Nachfeiern ihres 20. Geburtstages ausgesucht hatte, war klasse. Steinquadern aus rötlichem
Sandstein bildeten eine majestätische Wand. Tische und Stühle waren alte Möbel
aus schönem, gepflegtem Holz. Ein wenig kamen wir uns vor wie in einem
Antiquariat. Sogar eine Bank aus einer Kirche hatte Verwendung gefunden.
Graziös und besinnlich erstreckte sie sich mit ihrer beachtlichen Länge vor der Wand. Kartoffelhaus war der simple Name des Restaurants. Bratkartoffeln,
Schnitzel, Fritten genossen wir, unser großes Mädchen aß Pellkartoffeln mit
Avocado-Guacamole, provenzalischem Tomaten-Olivendip und Frankfurter Grüne
Sauce. Ich stopfte einen Berg Fritten mit Mayonnaise in mich hinein, die für
deutsche Vrhältnisse lecker schmeckten, aber noch meilenweit entfernt lagen von
der Qualität niederländischer oder belgischer Fritten.
Rückfahrt zur Studentenbude,
dann Ausladen. Was unser großes Mädchen so brauchte, beförderten wir in ihr
Zimmer. Mitten unter Gurken, Paprika, Bananen, Porree, Schwarzbrot, Obst,
Gemüse, stachen wieder diese Feigenpralinen in der Box hervor.
„Isst du Pralinen ?“ fragte
ich, denn sonst rührte sie nie Süßes an.
„Nein, Mama hat gesagt, dass
ihr zu Hause nichts damit anfangen könnt.“
Damit hatte sie zweifellos
Recht, denn die Feigenpralinen anzurühren, davon hätte ich Abstand genommen, denn die Pralinen in Zartbitterschokolade mit
leicht geschlagener Limetten-Creme hatten mir gereicht.
„Und was machst du damit ?“
„An der Universität werde ich
die los.“
„Wer isst so etwas ?“
„Vielleicht meine beste
Freundin, die isst gerne Süßes.“
„Auch so etwas ?“
„Wir sind bunt gemischt, aus
der ganzen Welt, Österreich, Luxemburg, Portugal, Italien, China, USA ...“
„Hmmm …“
„Je mehr die Studenten aus
der ganzen Welt kommen, um so mehr mögen sie Süßes aus Deutschland. Je
exotischer, um so leckerer.“
Irgendwie freute ich mich,
dass man mit den Feigenpralinen anderen Menschen eine Freude bereiten konnte
und einer sinnvollen Bestimmung zuführen konnte.
Gerne hätten wir einen
Abstecher in die idyllische Freiburger Innenstadt gemacht, doch dafür war die
Zeit zu kurz. Gegen halb sechs fuhren wir wieder Heim. 420 km preschten wir
über die freie Autobahn nach Hause. Stippvisite in Freiburg. Das nächste Mal
bekommen wir bestimmt mehr von der Stadt zu sehen.
Hihi, ich bin gespannt auf die Rückmeldungen, wem die Feigenpralinen auf den Magen geschlagen sind.
AntwortenLöschenLG Berta
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Nochmals lg
Genau, Berta hat es schon gesagt ^^
AntwortenLöschenMeine Schwiegermutter hat/hatte auch dieses untrügliche Gespür, aber ich glaube, dass sie das extra gemacht hat :)