Zentimeterdick waren die Stapel, die ich zu wälzen
hatte. Gespickt mit Zahlen, jede Menge Text und ganz viel Kleingedrucktem. Aus
den Angeboten der Riester-Rente sprudelten die Informationen im Überfluss
heraus: Wertentwicklungen, Modellrechnungen, Überschussbeteiligungen,
Riesterzuschüsse, Produktinformationen, Verbraucherinformationen, steuerliche
Aspekte, Vertragsbedingungen, ich kam mir vor wie im Dschungel, um das alles
sichten zu können.
Schnell wurde mir klar, dass der Gesetzgeber hier ein
Monster erschaffen hatte: die Flut der Informationen war gar nicht mehr verarbeitbar,
das Konstrukt der Riester-Rente lag jenseits des menschlichen Verstandes, ein
gehöriges Maß an Abstraktionsvermögen war gefragt, um diesen Dschungel auf eine
aussagefähige Zahlenwelt zurecht zu stutzen.
Verkäufertypen, die ihre Kunden in ihre Denkwelt von
Provisionen hineinpressten, war man hilflos ausgeliefert, weil der gesunde
Menschenverstand im Anblick dieses Monsters kaum einen eigenen Denkansatz
zustande bringen konnte. Letztlich subventioniert der Staat die Banken- und
Versicherungsbranche, weil diese ordentliche Gewinnspannen einkalkulieren
können und der Kunde nur dann etwas davon merkt, wenn er die dazugehörigen
Berechnungen versteht. Und diese Berechnungen sind über Zeitreihen von
Jahrzehnten so aufgebläht, dass ein Taschenrechner nicht mehr weiter hilft. Vielmehr
müssen diese an einem Rechner mit Rechenprogrammen wie Excel beackert werden.
Viele meiner Arbeitskollegen haben vor der Riester-Rente kapituliert: bei den Rentenversicherungs-Varianten fressen die Vertriebs-
und Verwaltungskosten die Zinserträge auf, so dass anderweitige festverzinsliche
Varianten günstiger sind – diese Kollegen sind aber entweder alleinstehend oder
sie haben keine Kinder. Da wir aber drei Kinder haben, für die wir Kindergeld
erhalten, liegt der Fall bei uns anders. Trotz üppiger Gewinnspannen von Banken
und Versicherungen sind die Zuschüsse so hoch, dass sich die
Riester-Rente rechnen muss.
Vier Angebote über eine Riester-Rente hatten wir uns
eingeholt, und meine eigene Meßlatte hatte ich dahin gelegt, aus diesen vier
Angeboten (Riester-Bausparen BHW, Rentenversicherungen R+V, Postbank und HUK) das
günstigste auszuwählen. Um diesen eigenen Berechnungsansatz zu entwickeln,
hatten sich die Anbieter nach besten Kräften bemüht, dies zu verhindern, denn
was, wie und womit gerechnet wurde, war nicht mit einander vergleichbar. Mal
wurde mit, mal ohne Riester-Zuschüsse gerechnet, mal mit, mal ohne
Überschussbeteiligung. Die Zeiträume, über die eingezahlt wurde, waren mal
kürzer, mal länger, die Beträge, die monatlich eingezahlt wurden, mal höher,
mal niedriger. Jeder hatte so gerechnet, wie es ihm gerade in den Kram passte.
Die einzige verwertbare Größe war das garantierte Kapital
aus Eigenbeiträgen – den Ausweis dieser Größe hatte der Gesetzgeber vorgesehen.
Um diese Größe gleichzusetzen auf Zeitraum und monatliche Zahlungen, musste
händisch gerechnet werden.
lautet die Formel für den internen Zinssatz, mit dessen
Hilfe die vier Angebote verglichen werden konnten. Innerhalb meines
BWL-Studiums habe ich solche Berechnungen nicht im Grundstudium, sondern erst
im Hauptstudium gelernt. Und ganz korrekt ist diese Berechnungsmethodik noch
nicht, weil a) nur 30% als
Einmalauszahlung gewährt werden und der Rest als Rente und b)
steuerliche Effekte nicht berücksichtigt sind.
Mit Taschenrechner und Rechenpapier ist die Berechnung des
internen Zinssatzes praktisch unmöglich, weil interpoliert werden muss. Beim
Rechenprogramm Excel geschieht dies über die Zielwertsuche in Sekundenschnelle.
Bestes Angebot war die HUK mit 2,5% interner Verzinsung (ohne Zuschüsse und
Überschussbeteiligung), schlechtestes Angebot war das Riester-Bausparen mit
mickrigen 0,3%.
Gespannt sind wir noch darauf, wenn unser alter Postbank
Triselect-Fonds abgerechnet wird und auf die neue Rentenversicherung überführt
wird. Dier Kursentwicklung war dermaßen grottenschlecht, dass ich es kaum noch
gewagt hatte, mir die Entwicklung im Internet anzusehen.
So wie der Kurs abgestürzt ist, rechnen wir mit etwas mehr
wie eintausend Euro Verlust gegenüber einer Riester-geförderten Rentenversicherung.
Ich bin gespannt. Unsere Verträge haben wir seit Jahresbeginn auf die HUK
umgeschwenkt.
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