Es war im Sommer 2004, als das Thema Riester-Rente bei uns
Einzug gehalten hatte. Gelockt wurden wir mit den Zulagen, was ich allgemein
für unstrittig halte, denn mit insgesamt drei Kindern, für die wir Kindergeld
erhalten, läppern sich die Zulagen zusammen. Und da damals wie heute
Festanlagen nur mit mickrigen Zinsen belohnt wurden, wurden wir auf einen Postbank-Triselect-Fonds
beraten, da Aktien weitaus höhere Renditen versprachen.
Im Lauf der Jahre beschlich uns ein mulmiges Gefühl.
Erst die Finanzkrise 2008, als die Aktienkurse an Boden verloren, dann im letzten Jahr
die ersten Auswüchse der Euro-Krise, als die Aktienkurse genauso abstürzten. Ich traute mich kaum, mir die Kursentwicklung des
Postbank-Triselect-Fonds anzusehen.
Den Fonds hatte uns damals, in 2004, das BHW verkauft. Ein Anruf vom BHW im Sommer letzten Jahres, ob wir zu Bausparverträgen und anderen Themen
Beratungsbedarf hätten, kam es uns gerade Recht, und prompt flatterte uns eine junge, freundliche, dynamische
Beraterin ins Haus. Unsere Grundidee war, aus dem risikobehafteten
Fonds auszusteigen und in eine risikolose Variante zu wechseln. Ein relativ
niedriger Zinssatz war uns dabei egal.
Bei insgesamt zwei Beratungsterminen in unserem Hause ging
sie sehr strukturiert vor. Wir hockten in unserem Wintergarten, und dabei
ließen wir uns durch den Ausblick auf unseren Garten inspirieren, wo die Gurken
an Rankgittern hochgeschossen waren und die Tomatenstangen pralle, rote Früchte
zeigten.
Als Vorgeplänkel zeigte sie uns die Kontostände auf unseren
Bausparverträgen. Dort wollten wir aussteigen, weil uns dieses
Konstrukt mit Bewertungszahlen, Bausparsummen und Zuteilungszeitpunkten unhandlich
und schwer begreiflich erschien und weil die Zinsen für Bauspardarlehen sich auf
demselben Niveau bewegten wie Hypothekendarlehen.
Wir sprachen die junge, freundliche, dynamische Beraterin,
deren hellbraunes Haar glatt nach hinten gekämmt war und deren Augen hinter
einer fettumrandeten schwarzen Brille hervorlugten, auf unser Kernanliegen
Riester-Rente an. Ja, sie bestätigte, die Kursentwicklung des
Postbank-Triselect sei nicht gerade üppig, aber da hätte sie etwas viel
besseres. Einen DWS-Wertpapierfonds, dort könnten die Fonds-Anteile an
Immobilienfonds, Aktienfonds und festverzinslichen Wertpapieren flexibler
hin- und hergeschaufelt werden , während bei dem Postbank-Triselect-Fonds
bestimmte Mindestanteile stehen blieben müssten. Dies erkläre auch die
ungünstige Entwicklung dieses Fonds. Sie präsentierte Hochglanzbroschüren mit eleganten
Kurven und knackigen Diagrammen, und legte uns die Antragsformulare für den
DWS-Wertpapierfonds, die wir nur zu unterschreiben brauchten, direkt auf den
Tisch.
Verständnislos schüttelten wir unsere Köpfe. Wir wären auf
der Suche nach einer festverzinslichen Variante, sozusagen das gute alte
Sparbuch mit einem grottenschlechten Zins, aber dafür mit den Zuschüssen oben
drauf. Ja, das gäbe es auch, stöberte sie in einer dunklen geistigen Kammer
herum, das würde aber von den Kunden überhaupt nicht nachgefragt. Und dafür
gäbe es auch einen Grund: es würden nämlich Abschluss- und Vertriebskosten
einbehalten, und mit dem Festzins, der gegen Null ginge, würde man Verlust
machen. Demgegenüber würde die Kursentwicklung des DWS-Wertpapierfonds steil
nach oben klettern.
Unser Kopfschütteln wurden wir nicht los. Anstatt dessen
kamen wir auf andere Baustellen zu sprechen.
Unsere Bausparverträge wollten wir eigentlich abmanagen, doch
ihre Stirn runzelte sich bedenklich. Die Restschuld unserer Hypothek, von der
wir ihr vorher erzählt hatten, könnte man mit den bestehenden Bausparverträgen
in sieben Jahren ablösen, und dazu müsse das Guthaben auf den Bausparverträgen möglichst hoch
sein. Dann könnten in Jahrzehnten altersgerechte Umbauten erforderlich werden,
ein weiterer Grund, um die Bausparverträge aufzustocken.
Riester-Rente für unseren Sohn, der in der Ausbildung ist,
war eine weitere Baustelle. Die Ausbildungsvergütung unseres Sohnes ist bescheiden,
der Staat würde dann die Grundzulage spendieren, das hörte sich
vielversprechend an. Meine Frau wusste von den Ansprüchen unseres Sohnes, für
mich war dieses Thema neu. Da sie mit dem DWS-Wertpapierfonds bei uns
gescheitert war und keinerlei brauchbare Alternativen im Ärmel hatte,
verzichtete sie – vorläufig – auf eine intensivere Werberei um unseren Sohn.
Die Baustellen rissen nicht ab. Den Zeiten voller
Unsicherheit und nicht gerüstet für Schicksalsschläge, seien wir hilflos ausgeliefert. Dringend sei eine Risikolebensversicherung anzuraten, um
für den Fall meines Todes die hohe Restschuld auf unser Haus loswerden zu
können. Auf sehr dünnem Eis würde sich unser Sohn bewegen. Bei Unfällen, die
zur Berufsunfähigkeit führen, würde er praktisch nichts an Rente bekommen. Um
in solchen Fällen Hartz IV zu entkommen, sei eine Unfallversicherung
unabdingbar.
Kopfschütteln, das war das Endergebnis dieses
Beratungstermins. Sie hatte aber nicht unrecht. Gottseidank fühlte ich mich bei
Kräften und gesund und hoffte, durch Sonderzahlungen die Restschuld mit meinem
Einkommen abbauen zu können. Wie bei anderen Dingen des Alltags, sind
Versicherungen auch eine finanzielle Frage, wie viel Sicherheit man sich für wie
viel Geld leisten will oder kann.
Im Folgetermin war die BHW-Beraterin weniger agil und aktiv
und preschte vorsichtiger voran, dazu hatten wir sie zuvor zu sehr ausgebremst.
Ein paar Dinge mussten wir über uns ergehen lassen, die uns nicht so brennend
interessierten, etwa, wie die bestehenden Bausparverträge bespart werden
konnten, um unsere Restschuld auf die bestehende Hypothek in sieben Jahren ablösen
zu können.
Obschon wir in eine komplett andere Richtung marschierten,
interessierte uns, welche Alternativen der Riester-Rente sie aus den
verstaubten Kammern ihres Gedächtnisses gekramt hatte. Das war zum einen das Riester-Bausparen,
welches wir als eher schlecht einstuften, weil von der Guthabenverzinsung von
1% die Abschlussgebühr wieder abgezogen werden musste. Zum anderen hatte sie
noch einen Ansparplan mit konkreten Einzahlungen und Rentenzahlungen für eine
Postbank Rente im Gepäck.
Nun hatten wir alle Informationen zusammen, die wir
brauchten, um uns ein eigenes Bild zu machen. Parallel dazu hatte sich meine
Frau bei der Raiffeisenbank ein Angebot für eine Riester-Rentenversicherung mit
konkreten Zahlen machen lassen – ähnlich wie das Angebot der BHW-Beraterin über
die Postbank Rente. Nun konnte die Rechnerei beginnen. Darüber werde ich im zweiten Teil erzählen.
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