Üben wollte ich für das Radrennen „Rund um Köln“ – und dafür
hatte ich mir ein schwieriges Gelände ausgesucht. Die Klosterruine Heisterbach,
Thomasberg, Oberpleis hatte ich auf der Strecke zurückgelegt, die ich bereits
am Rosenmontag geradelt war. Hinter Oberpleis zweigte ich ab, bis Sand folgte ein
erster, zäher Anstieg.
Dann 12% Gefälle. Hinter dem Höhenzug stürzte die Straße jäh
ins Tal hinunter. Von der Höhe aus erkannte ich, wie sich der nächste Berg
auftürmte, markiert von der Spur einer sich aufwärts ziehenden Straße. Mein Rennrad
schoss in den Talkessel hinunter, die Weitläufigkeit der Landschaft
schwand, der Blick verengte sich in das Tal hinein, wo sich einzelne Häuser
gleichmäßig verteilten.
Der Hanfbach hatte sich
tief in das Tal eingegraben. Die Straße überquerte den Bach, versteckt bog eine
Nebenstraße hinter einem Eckhaus ab und begleitete den Lauf des Baches. Geradeaus
erwartete ich, dass sich der Anstieg, den ich zuvor von der Höhe aus gesehen
hatte, wie eine Mauer aufbäumen würde. Doch vorläufig ging es maßvoll und
gemächlich den Berg hoch. Nadelwald wucherte bis an die Straße heran, wobei die
Baumreihen ein Wohnhaus umklammerten. Der Vorgarten war zu einem schmalen Band
zusammengeschrumpft, die Mülltonnen wirkten dicht neben der Straße deplaziert.
Zuerst erhob sich eine
kantige Böschung, auf der sich Sträucher hinauf rankten. Seicht drehte sich
eine Kurve weg, dann kam die befürchtete Mauer: unerbittlich kletterte der gerade
Strich der Straße hinauf, und ohne Verkehrsschild schätzte ich die Steigung so
steil ein, wie vorher das Gefälle gewesen war – also etwa 12%.
Ich schaltete in den kleinsten
Gang – ich war glücklich, dass die Übersetzung passte, denn mein Rennrad hatte
27 Gänge. Herz, Körper, Muskeln und die Atmung mussten sich dem gewaltigen
Kraftaufwand anpassen. Um mich nicht entmutigen zu lassen, starrte ich nur auf
die Fahrbahn. Gelegentlich erhaschte mein Blick die nächste weiß-schwarze
Straßenmarkierung, die mir vorkam wie Meilensteine, die mich Stück für Stück
schafften. Rund 500 Meter Anstieg diese Mauer hinauf, das kam mir vor wie eine
gefühlte Ewigkeit. Einem Linienbus ging es nicht besser wie mir: er ächzte und
krächzte genauso den Berg hinauf, schwerfällig wie ein Koloß schleppte er sich
vorwärts. Es kostete ihn Mühe, mich zu überholen. Das Ortseingangsschild von
Uckerath: erbarmungslos setzte sich die Steigung fort, doch ein Ende war in
Sicht. Rechterhand spielten Kinder im Außenbereich eines Kindergartens,
dahinter die Kirche von Uckerath: auf dem Berg liegend und im neuromanischen
Stil ahmte sie große Vorbilder nach – ich dachte an St. Aposteln in Köln oder
an St. Peter in Trier. Mit Uckeraths Kirche war die Steigung geschafft, sie
flachte ab in ein erträgliches Maß.
Geschafft. An der Verkehrsampel
bog ich auf die B8 ab, der Autoverkehr schwoll an, die Bundesstraße war nun flach
wie ein Brett. Ausrollen lassen, ich bog nach rechts in eine Landstraße ab. Erneut
stieg die Straße an, nicht so mächtig wie vor dem Ortseingang, doch so
ausdauernd, dass mir die Puste ausging. Linkerhand bauten sich die
Flutlichtmasten eines Sportplatzes auf. In grauem Stein gemeißelt, tauchten auf
der linken Fahrbahnseite sporadisch die Stationen eines Kreuzwegs auf.
Endlich ging es bergab,
Süchterscheid hieß das nächste Dorf. Eben und geradeaus glitt ich durch die
Felder, mein vorläufiges Ziel nahte: Blankenberg. Mit herausgeputzten
Fachwerkhäusern, mit den Überresten einer Festung und mit der Stadtmauer war dieser
kleine Ort ein Idyll. Ich fuhr durch das Katharinentor, welches in Gerüst und
Staubschutzfolie eingehüllt war. Vorsichtig tatstete ich mich über das
Kopfsteinpflaster, und so klein wie der Ort war, befand ich mich augenblicklich
auf dem Marktplatz. Unter einem Restaurant hockte ich mich auf einer der freien
Plätze.
Ich genoß ein Weizenbier.
Das hatte ich mir verdient.
Geht mir beim Laufen ähnlich, irgendwie ist immer etwas gegen mich - Wind, Wurzeln, Hunde ... aber nichts ist so schön, wie ein wohlverdientes Getränk danach.
AntwortenLöschenGrüße! N.
PS: Finste auch die flachen langen Berge am gemeinsten?
Grins... toller Bericht deiner Tour! Hier im Norden sind die Berge ja einiges flacher aber dafür weht fast immer ein strammer Wind :-) ...natürlich meist von vorn! Gestern hatte ich gute 14km nur gegen Wind mit Stärke 3-4, schätze das ist nicht ganz so ein Kraftaufwand wie deine Berge aber es zehrt auch ganz gemein ;-) Zur Belohnung ging es dann natürlich mit Rückenwind zurück ;-)
AntwortenLöschenViele grüße
Micha
Toller Bericht, Hut ab vor Deinem Kampfgeist da wünsche ich Dir für für das Radrennen viel Erfolg,
AntwortenLöschenich wünsche Dir für den Rest der Woche schönes Wetter zum Radeln, liebe Grüße Ulrike
wann findet das Radrennen rund um Köln denn statt? damit wir Daumen drücken können ...
AntwortenLöschenlieber Gruß von Heidi-Trollspecht
Prima Tourbericht! Radfahren ist etwas sehr schönes, wenn sich annehmbare Strecken finden und dein Post zeigt auch, was für schöne Fotos sich unterwegs schießen lassen. Auch finde ich es gut, dass du dich noch fit hälst, andere tun ja mit 30 oder 40 schon nix mehr. Mach weiter so und berichte uns. :D
AntwortenLöschenNoch kurz zu deinem Bruder. Vlt ist er einfach ein ganz anderes Naturell als du, so dass du dich schwer in ihn hineinversetzen kannst. Es soll ja nicht unüblich sein, dass Geschwister wegen des engen Zusammenlebens im Elternhaus gegensätzliche Charektere und Interessen ausbilden, so dass jeder seine Nische finden kann... Dann ist es manchmal am besten, ihn entweder zu beobachten (dicker/dünner, Bart, Haarausfall...), wenn er nicht so viel erzählt, oder indirekt zu fragen und auf die Nebensätze zu achten.
Mit Gruss
Wieczorama =^.^= | Mein Fotoblog
Oh ja, das Weizenbier hattest du dir redlich verdient!
AntwortenLöschenAus Zieräpfeln kann man übrigens einen fantastischen Likör machen - mit Vodka, Vanille, Zucker und Nelken. Wenn man Likör mag, ist der sensationell gut!
VG
Elke
das haste wirklich verdient dein Bier nach so einer anstreckende Tour.. ich muss schon sagen toll haste das gemacht. Fahrrad fahren ist auch was feines für Leib und Seele...
AntwortenLöschenLieben Gruss Elke
Wieder eine tolle Beschreibung deiner Radtour. Deine Berichte sind immer sehr spannend zu lesen. Du solltest wirklich mal ein Buch schreiben, du hast viel Talent zum Schreiben, Dieter. :-)
AntwortenLöschenNach diesen Strapazen hattest du dir das Weizenbier auch auf dem gemütlichen Marktplatz verdient.
LG Christa
danke für die Info :-)
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