Das Einzelschicksal kenne ich
nicht. Das Haus steht leer, man hat es vergammeln lassen. Um das Unkraut hat
man sich nicht gekümmert. Nun wuchert es an der linken Fensterfront hoch. Im
Dornröschenschlaf dämmert dieses Haus vor sich hin und wartet auf den Abriss. „Hier
entstehen demnächst hochwertige Eigentumswohnungen mit Aufzug“, so verheißt das Plakat das Schicksal dieser
Immobilie. Ein Bauzaun ist ein erster Vorbote des kommenden Abrisses …
Eine ehrwürdige Vergangenheit
sieht man dem Haus an. Dieser Altbau, ein stolzes Bürgerhaus, prächtig hätte es
aussehen können, wenn man eine Renovierung zustande gebracht hätte. Viel Mühe
und Detailarbeit hatte man in das Haus hinein gesteckt: die geschwungenen Bögen
des schmiedeeisernen Zaungitters, die sorgfältig ineinander geschichtete
Ziegelsteinfassade, der Giebel. So geschwungen, wie die Form des Giebels nach
oben gleitet, erinnert er sogar an Hansestädte wie Lübeck, Stralsund oder
Brügge. Hohe Decken müssen dem Altbau ein behagliches Wohngefühl verliehen
haben. Zu renovieren, war wahrscheinlich zu aufwändig und teuer. Nun sieht
dieses stolze Haus dem drohenden Abriss entgegen.
In einer Top-Lage in
Rheinnähe, soll die Immobilie als Neubau wieder zu neuem Leben erweckt werden. Käufer,
die speziell den Rheinblick begehren, müssen bei einer solchen Immobilie da wohl
eine Stecknadel im Heuhaufen suchen. In Blickweite fließt der Rhein gemächlich
dahin. In der einen Richtung kann der freie, ungetrübte Blick zum Siebengebirge
schweifen. In der anderen Richtung stoßen in der Rheinaue die Türme des
Posttowers und des Abgeordnetenhauses heraus, dahinter buckelt sich der
Kottenforst in die Höhe. Die Lage ist phantastisch. 5 Gehminuten benötigt man
zu Geschäften und Supermärkten. In dem beschaulichen Ortskern können sogar
einige alte, herausgeputzte Fachwerkhäuser bestaunt werden. Liebes Käuferherz,
was willst du mehr ?
Ich kann nur spekulieren,
wieso es zu dem Hausverkauf gekommen ist. Vielleicht ist der Bewohner
gestorben, und die Kinder wohnen in einer entfernten Ecke der Republik. Vielleicht
hat der Bewohner in einem Pflegeheim gewohnt, und die Immobilie ist für den
Unterhalt im Pflegeheim draufgegangen. Vielleicht haben sich auch Dramen in dem
Haus abgespielt: Schulden, Insolvenz, die Eigentümer konnten die Hypothek nicht
mehr bezahlen, und sämtliche Versuche scheiterten, das Haus zu halten. Oder
Zank, Streit, Ehescheidung: die Eheleute hatten den Ort des ständigen Zankes so
satt, dass sie ihn nur noch wegwerfen wollten.
Das Umfeld der für den Abriss
bestimmten Immobilie kann sich sehen lassen. Nebenan protzt eine prächtige
Villa, umgeben von einem reichen Baumbestand. Kiefern wachsen in den Himmel und reichen bis zur Straße. In der anderen Richtung versteckt sich auf
einer Anhöhe die katholische Kirche: mit seinem geduckten Turm aus der
romanische Epoche fügt sich die Rheinpromenade zu einem harmonischen Gesamtbild
zusammen. Neu gebaute Eigentumswohnungen stören allenfalls punktuell.
An den neu gebauten
Eigentumswohnungen wird so mancher verdienen. Allen voran Baufirmen,
Architekten, Ingenieure, Notare. In ähnlichen Lagen gibt es Eigentumswohnungen,
die mit 80 qm Wohnfläche für 225.000 € angeboten werden. Wenn 8-10 Eigentumswohnungen
auf dem Grundstück untergebracht werden können, verdient ein Makler nicht
unerheblich daran. Dies macht etwa 60.000 – 65.000 € aus, wenn der Makler den
üblichen Satz von 3% Provision abkassieren kann. Abziehen muss man zwar Kosten
für Büro, Einrichtung und Sekretärin, danach bleibt trotzdem ein erklecklicher
Anteil übrig. Für einen Porsche wird dies nicht reichen, aber für einen Van
oder für eine Fernreise reicht dies allemal. Und ein Makler verkauft ja nicht nur
diese eine Immobilie.
An dem abgerissenen Haus
werden Erinnerungen haften bleiben. Da kann ich nur spekulieren. Kinder werden
in dem Haus aufgewachsen sein. Man wird sich gefreut und gelacht haben. Man
wird Geburtstage gefeiert haben. Bei Familienfesten hat man getrunken, gegessen
und gelacht. Möbel, vielleicht antike Möbel haben zur Inneneinrichtung gehört. Vielleicht
wären die Kinder gerne zu dem Ort zurückgekehrt, wo sie aufgewachsen sind. Geht
nicht mehr. Abgerissen.
Ja Dieter, das ist diese , gleich hätte ich "verdammte" Zeit gesagt, alles alte, was es wert währe zu erhalten, schmeist man lieber weg, nur noch was Geld bringt ist etwas Wert, und wenn es so eine Seifeblase wie "facebook" ist. Wann besinnen sich die Menschen wieder an Werte, holen sich auch das Wissen der Menschen aus der Vergangenheit wieder und suchen nach Dingen, die lange Bestand hatten und gut waren. Ich glaube eher geht die Menschheit unter, ehe sie das tut, sich nämlich auf sich selbst besinnen und den Sinn des Lebens, der sicher nicht der Konsum ist.Aber im Himmels willen, das sind doch wohl ...
AntwortenLöschenMorgen ist Freitag, dann können wir uns wieder auf das Wochenende freuen,
liebe Grüße Ulrike
Het is een huis waar ik over kan fantaseren.
AntwortenLöschenIk denk inderdaad dat er veel herinneringen aan zo'n huis kleven!
Mooie blog, Dieter!