Das Auto rumpelte über die bucklige Piste. Allzu viel Mühe
hatten sich die Belgier nicht gegeben, die Schlaglöcher auszubessern. Das war
mehr schlecht geflickt, als dass die Straße vernünftig instandgesetzt worden
wäre. Außerdem fehlte die Seitenmarkierung, so dass die Straße nahtlos in die
Felder übergehen schien. Auf den Straßen durchgerüttelt und durchgeschüttelt zu
werden, das gehörte wohl auch zu der Mentalität der Belgier. Es musste nicht
alles perfekt sein – dazu hatte ich in Belgien viele Beispiele kennen gelernt.
Als ich Visé erreichte, las ich auf weißen Schildern „athénée
royale“ oder „centre sportif“ oder „salle de réunion“. Wie an Größenwahnsinn
grenzend, türmten sich riesige Flutlichtmasten über einem Stadion, denn Visé
spielte als mehr oder weniger kleines Kaff in der zweiten belgischen
Fußball-Liga.
Um die Mittagszeit in Visé ankommend, wollte ich nach
gepflegter belgischer Tradition Fritten essen. Wie in der Friterie nahe der
Kirche St. Martin, über die ich in meinem Blog vom 6. Dezember 2011 berichtet
hatte. Doch als ich die Kirche St. Martin erreicht hatte, stellte ich verblüfft
fest, dass der Platz vor der Kirche umgestaltet worden war und die Friterie
verschwunden war. Ich suchte, und auf dem place reine Astrid fand ich einen
mindestens gleichwertigen Ersatz. Der place reine Astrid lag im Zentrum von Visé,
das von lauter Straßencafés bestimmt war. Die Schriftzüge der belgischen
Bierbrauereien schoben sich in langen Bändern über deren Eingänge. Menschen
saßen draußen, quatschten, diskutierten, gestikulierten, tranken Kaffee oder
auch Trappistenbier.
Es war eine Friterie, wie man sie in Deutschland als Typus
von Imbißbuden kaum findet. Friterie und Restaurant in einem, wobei die
Friterie über eine eigene Durchreiche abgetrennt war. Durch den Haupteingang
gelangte man ins Restaurant hinein, die Friterie befand sich ungefähr zehn
Meter weiter an der Straßenseite. Zwischen der fein strukturierten
Ziegelsteinfassade öffnete sich ein Schiebefenster. Fast hätte man die Friterie
übersehen können, wenn dort nicht „Frites et plats à emporter“ gestanden hätte.
Durch die Durchreiche konnte ich direkt in die Küche hinein
schauen. Ich beobachtete, wie in Töpfen gerührt wurde oder Fleisch gebraten
wurde. So viel Transparenz ? Es sah jedenfalls sauber aus, und wahrscheinlich
hätten auch deutsche Gesundheitsämter nichts zu meckern gehabt.
Ob Belgien das Land ist, in dem die Fritten erfunden worden
sind, weiß ich nicht. Jedenfalls berichtete 1781 Joseph Gérard, dass die
Einwohner von Namur, Huy und Dinant die Angewohnheit hatten, in der Maas zu
fischen und den Fischfang dann zu frittieren. Wenn im Winter die Gewässer
zugefroren waren, verwendeten sie anstatt dessen Kartoffeln und frittierten
diese dann. Diese Methode war in Namur, Huy und Dinant bereits mehr als
einhundert Jahre alt.
Ich behaupte, dass die belgische Art der Frittenzubereitung
noch nirgendwo in Deutschland nachgemacht worden ist. Normalerweise kann man
Morgens an belgischen Friterien beobachten, wie geschälte Kartoffeln durch ein
Schneidegerät gepresst werden, wodurch die längliche Stäbchenform der Fritten
entsteht. Dann werden diese einmal im Fett hinein gegeben und auf einem Blech
abtropfen gelassen. In der Friterie in Visé lagen die vorgegarten Fritten auf
dem Blech. Auf Kundenwunsch wurde dann die gewünschte Portion nochmals ins Fett
gegeben.
Übrigens war die Bedienung in der Friterie geradezu
begeistert darüber, dass ich Fotos aus dem Innenraum der Friterie gemacht habe.
Und dass ich in einem deutschen Blog die Tradition der Frittenzubereitung in
Belgien präsentieren wollte.
Es dürfte unschwer zu erraten sein, dass der
Sättigungseffekt um Größenordnungen höher war. Wenn ich bei uns im Ort eine
große Portion Fritten esse, reicht dies gerade für eine Zwichenmahlzeit. In
Belgien war dies demgegenüber eine vollwertige Mahlzeit und ein viel besseres Preis-Leistungs-Verhältnis: in Visé kostete eine große Portion Fritten mit Mayonnaise 2,80 € (die ich nicht einmal
ganz geschafft hatte), während ich bei uns im Ort zuletzt 2,20 € bezahlt hatte.
Auf den Korbstühlen vor der Friterie habe ich die Fritten
genossen. Den Geschmack nach richtigen Kartoffeln habe ich mir auf der Zunge
zergehen lassen. Auch die Mayonnaise schmeckte viel herzhafter nach Eiern wie
in Deutschland. Ganz dicht an einer belebten Straßenkreuzung sitzend, störte
mich der Verkehr nicht. Ich vertiefte mich in meinen Genuss. Fritte für Fritte
pieckste ich in mich hinein. Ein Essen in einem Top-Restaurant hätte nicht
leckerer sein können.
Als ich aufgegessen hatte, setzte ich die Autofahrt Richtung
Voeren fort. Erneut dieses Rumpeln über unebene Straßen. In einem
Industriegebiet am Rande produzierte KNAUF Gipskartonplatten. Ein schwerer
Sattelzug bog auf die Hauptstraße, quälte sich vorwärts und dämpfte mein Tempo.
Im Schneckentempo kroch er mit seiner Länge durch das Eisenbahnviadukt
hindurch. Ich passierte das Ortsschild von Moelingen, und ich befand mich auf
flämisch-sprachigen Boden. Auf der Hauptstraße von Maastricht nach Battice
verstummte das Rumpeln auf der Straße. Hier hatte die Qualität der Straße einen
deutschen Standard erreicht.
Es gibt nirgendwo sonst so tolle Fritte wie in Belgien. Hach, mir läuft schon wieder das Wasser im MUnd zusammen.
AntwortenLöschenGrüße! N.
Hallo Dieter, MHHHHHHHH begische Fritten sind spitze, die mag ich auch.
AntwortenLöschenLiebe Grüße und einen schönen Nachmittag
Angelika
jaa stimmt die friten sind himmlisch nichts besseres wie diese gibt es!
AntwortenLöschenAuch wenn in Düsseldorf auch sie gibt aber nicht so hergestellt so frisch wie du es berichtest aber schon in Venlo schmecken sie schon total anders...
Leckerer Bericht von dir!
Lieben Gruss Elke
danke dass du uns zum Frittenessen mitgenommen hast :-)
AntwortenLöschenWieder klasse geschrieben.
lieber Gruß von Heidi-Trollspecht
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenFriterie? Noch nie zuvor gehört oder gesehen. Vielen Dank, dass ich heute von dir lernen durfte. Und Lust auf Pommes habe ich jetzt: riesige Lust :-)
AntwortenLöschenO Pieter, ik ben dol op Belgische frites! Zijn zijn groter dan de Hollandse. Wij eten elke zaterdag patat. Mijn man bakt ze zelf in de frituurpan ( in olijfolie ) En natuurlijk mayonaisse erbij. Mjammie.
AntwortenLöschenEh, ik bedoel: Dieter :-)
AntwortenLöschenDa kann ich dir nur voll und ganz zustimmen, die belgischen Fritten sind etwas ganz Besonderes und man muss sie einfach genießen.
AntwortenLöschenDein bericht ist toll geschrieben. Danke für's Mitnehmen.
Liebe Grüße Arti