Das Gewitter war abzogen. Über dem Siebengebirge hingen noch schwarze Wolken, die als düstere Drohkulisse sogar Hagel gebracht hatten. In der anderen Richtung, hinter den hinauf kletternden Hängen des Kottenforstes, riss der Himmel wieder auf. Ich spürte, wie das Klima durcheinandergeraten war: Aprilwetter im Dezember.
Ich summte das Lied „I can see the sun in late December“ vor mich hin und schaute auf den Kottenforst, wo sich die Sonne bald zeigen würde. Letzten Sonntag hatte ich dieses Stück in der Sendung „Tijdperk Schiffers“ – Radio 2 Niederlande - gehört. Es sang die Gruppe „Lucifer“; das Lied stammte aus dem Jahr 1975.
1975, danach hatte ich das Lied bestimmt nicht mehr gehört, und spontan fesselte mich dieses Stück: es wollte nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden. Eine Sängerin sang mit zarter Stimme dieses Stück. Im Refrain gewann diese Stimme an Stärke. Doch nur für einen Augenblick übertönte die Stimme das Schlagzeug und die Gitarre, die seicht vor sich her plätscherten.
I can see the sun in late December
I see forgotten treasures 'neath the sea
Tides that defeat identity
Washing away the beauty that was in your mind
I see forgotten treasures 'neath the sea
Tides that defeat identity
Washing away the beauty that was in your mind
Der Himmel riss auf, die Sonne glitzerte hinter den Kringeln von Schleierwolken hervor. Das war eine Stimmung, wie sie nur der Dezember hervorbrachte. So wie die Stimme im Lied, die zwar reichlich Wille besaß und die Tonlage änderte, aber sich nicht durchsetzen konnte und eine gewisse Blässe behielt.
Sonne im Dezember. Die Sonne hing schräg über dem Kottenforst. Das Licht sickerte durch, nicht in einem Schwung, sondern stückweise, in kleinen Schritten. Die Natur war kahl, einsame Blätter klebten an den Bäumen. Farben wagten sich schüchtern hervor. Es überwogen graue oder dunkle Farbtöne, trotzdem grenzten sich die Umrisse von Gebäuden in dem fahlen Licht deutlich ab.
Die Natur befand sich in einem Ruhezustand, wobei sich nichts zurück entwickelt hatte oder abgestorben war. Der Himmel erschien kurz, öffnete sich wie ein schmales Band und zerfloss mit der bewaldeten Kante des Kottenforstes. Schatten dehnten sich in die Länge und strebten im Zickzack über Straßen, Bürgersteige und Vorgärten.
Sonne im Dezember. Die Windböen waren nach dem Gewitterschauer ausgeklungen, nun macht sich eine mäßigende Kühle breit. Die Sonne spendete Licht, aber ohne durchdringende Wärme. Die frostige Kälte, die Finger und Gelenke erstarren ließ, hatte sich noch nicht breit gemacht. Die Sonne im Dezember konnte man noch spüren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen