wer bin ich ? ich heiße Dieter

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Greulich-Wichteln

Er war eine schlechte Imitation des Weihnachtsmanns, der an unserem Tisch vorbei schritt. Der weiße Bart saß zu locker, die rote Mütze schlabberte ins Gesicht hinein, der rote Mantel tropfte bis auf den Boden hinunter. Er steuerte auf den Ecktisch in diesem Keller zu, und danach konnte ich nur bruchstückhaft erkennen, was geschah, denn ich saß am Ende unseres Tisches und meine Kollegen verdeckten mir die Sicht. In einem Restaurant am Kölner Heumarkt feierte ich mit meinen Arbeitskollegen unsere Weihnachtsfeier.

Jedenfalls stellte der Weihnachtsmann einen Sack voller Geschenke auf den Tisch, reihum nahm jeder ein Geschenk heraus, viele drucksten beim Öffnen des Geschenks herum. Schließlich Gelächter, Kommentare und lautstarkes Lamentieren. Die einzelnen Geschenke konnte ich nicht erkennen, aber das Ritual sah danach aus: Greulich-Wichteln.

Ich erinnerte mich, dass wir vor neun Jahren mit unseren Arbeitskollegen auf diese Art ebenso unsere Weihnachtsfeier gestaltet hatten. Unsere damalige Chefin hatte diese Tradition mitgebracht. Da sie uns im Jahr danach verlassen hatte, blieb es bei diesem einen Mal.

Das Wichteln kannte ich von meinem Schwager, in seinen Behinderten-Gruppen. Beschaffen musste dieses Wichtel-Geschenk meine Frau. Jedes Jahr zerbrach sie sich den Kopf, was man mit möglichst wenig Geld möglichst einfallsreich besorgen konnte. Dies wurde dann in unsere Weihnachtseinkäufe hineingetaktet. Zwischen irgendwelchen Sonderangeboten schafften wir es dann, eine DVD, einen Kalender oder als Präsent verpackte Süßigkeiten zu kaufen. Was mein Schwager dann zurück geschenkt bekam, war mehr als mickrig: oft waren es Tassen mit unterschiedlichsten Motiven – Weihnachtsmänner, der Kölner Dom oder anderer Krimskrams.

Greulich-Wichteln, bei unserer Weihnachtsfeier vor neun Jahren hatten wir reichlich Spaß. Das waren prickelnde Momente voller Anspannung, wenn die Losnummern gezogen wurden, die Geschenke aus dem Sack herausgenommen wurden und – die Anspannung stieg ins Unerträgliche – geöffnet wurden. Das Spektrum der Reaktionen war sehr breit gefächert. Es reichte von Zustimmung über Zerknirschtheit, Entsetzen, Meckern, Kopfschütteln bis hin zu Ekel, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit. Die anderen, die beim Auspacken zugeschaut hatten, krümmten sich vor Lachen, sie jaulten, sie konnten nur noch wegschauen oder sie bedauerten den Beschenkten und zeigten ihr Mitgefühl. 

Ich erinnere mich nur an wenige konkrete Geschenke vor neun Jahren. Es waren in jedem Fall mehrere Geschenke in grässlichen Farben oder unpassende Motiven dabei. So etwas wie eine Obstschale mit knallgelbem Rand. Oder eine Tasse mit Halloween-Motiv, so dass man beim Trinken direkt in die Fratze eines Halloween-Gesichtes hineinschaute.

Eine CD mit deutschen Schlagern war auch dabei, ich meine, es wäre Andrea Berg gewesen. Für solche Fälle konnte noch getauscht werden. Bei uns gab es nämlich eine Kollegin, die Andrea Berg mochte. Zum Schluß blieben diejenigen Kollegen, die die hässlichsten Geschenke gezogen hatten, darauf sitzen.

Und was hatte ich geschenkt bekommen ? Ich gehörte zu den Glücklichen, denn das Geschenk hat bis heute einen wohlbehüteten Platz in unserem Haus bekommen. Es war ein Bild, etwa so groß wie eine Ritter-Sport-Schokolade, in einem dunklen Holzrahmen mit einer Landschaft voller Wald und einem Bach, der in der Mitte daher floß. Barbie-Puppen haben ja einen Sinn für Schönheit, also auch für Malerei. Ein so schönes Gemälde gehört in das Barbie-Puppenhaus.

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