Die Radtour begann turbulent. Richtung Bad Godesberg, ich
befand mich im Kreisverkehr, Einmündung von rechts, dort nahm mir eine
Autofahrerin die Vorfahrt. Ich bremste ab. Jung, hübsch, blond, schulterlanges
Haar, schaute sie mich an. Doch sie zeigte keinerlei Regung und fuhr
unverdrossen weiter. Einen Kilometer weiter, setzte ein Paketzusteller der DHL
rückwärts aus einer Hauseinfahrt zurück, ohne mich zu beachten. Ich hatte fast
das Stadtgebiet verlassen, da überquerte ein Fußgänger an einer Abzweigung die
Straße. Mitten auf der Straße, überlegte er es sich anders, machte eine
Kehrtwendung und schritt, ohne auf jeglichen Verkehr zu achten, zu derselben
Straßenseite zurück. Was war los heute ? Wurden Radfahrer als Freiwild
betrachtet, das man nach Lust und Laune über den Haufen fahren konnte ?
Sonne und schönes Wetter hatte mich aufs Fahrrad gelockt.
Die 20 Grad-Marke war locker geknackt, und gereizte oder aggressive Stimmungen,
wie ich diese im Straßenverkehr erlebt hatte, waren fehl am Platze.
Wahrscheinlich war dies eine der letzten längeren Radtouren in diesem Jahr. Eine
flache Tour hatte ich mir ausgesucht: 80 Kilometer insgesamt, nach
Erftstadt-Lechenich.
So ungefähr die schönste Jahreszeit hatte ich erwischt. Auf
dem Höhenrücken des Kottenforstes angekommen, schillerte bunt, im kompletten
Farbspektrum von Grün über Gelb bis Rot der Herbst. Das war herrlich. Dabei
genoß ich das gut ausgebaute Radwegnetz im Kottenforst. Ohne nennenswerte
Hügel, fernab jeglichen Autoverkehrs, schweifte ich in der puren Lust des
Rennradfahrens. Das Herbstlaub glänzte, die abgestorbene Blätterpracht sammelte
sich am Wegesrand. Seicht tanzend in der Luft, hatte der Wind sie zuvor herab
geweht.
Ab Flerzheim öffneten sich die Felder. Die Sonne sammelte
ihre Kräfte und schien ungehemmt in den Herbsthimmel hinein. Schleierwolken
verloren sich am Himmel. Im Sonnenlicht wirkten die Reihen von Ziergehölzen und
Sträuchern, die zu Baumschulen gehörten, noch penibler angeordnet. Sorgfältig
abgemessen, wie mit dem Lineal gezeichnet, erstreckte sich dieses allzeit
überdauernde Grün von Koniferen, Wacholdern, Zypressen oder Buchsbäumen.
Herbstliche Stille hing über der Nebenstrecke, die sich bisweilen in Kurven zu
verirren drohte.
Heimerzheim, dann ein Abstecher zur Wasserburg in
Metternich. Das Rheinland war geradezu übersät mit Wasserburgen. Die meisten
Wasserburgen waren Privileg und Repräsentation. Dass sie so zahlreich waren,
hing zum einen mit dem flachen Gelände zusammen, zum anderen, dass auch dem
niederen Adel solche Privilegien zugestanden wurden. Dadurch wurden sie über
Jahrhunderte hinweg gepflegt, instandgehalten und umgebaut. Da sämtliche
Wasserburgen im Köln-Bonner Raum nicht öffentlich zugänglich waren, schenkte
ich ihnen kaum Beachtung. Am Wegesrand, war ich in Lüftelberg und Heimerzheim an
Burganlagen vorbeigefahren. Steinalt war die Wasserburg in Metternich, nämlich
aus dem 13. Jahrhundert. Die Seitentrakte wurden im 19. Jahrhundert umgebaut.
Kurz ließ ich mich von den herbstlichen Impressionen rund um den Wassergraben
beeindrucken, dann radelte ich weiter.
In Weilerswist verfluchte ich die Straßenführung, die
offensichtlich nur für Autofahrer gemacht war. Sie kreiste in riesiger
Entfernung um Weilerswist herum. Ich wollte aber ins Zentrum hinein, dann
weiter nach Lechenich. Unbeschildert, tastete ich mich ins Zentrum. Danach
wiesen die Schilder nach Köln oder Brühl, das war die falsche Richtung. Ich
fuhr in die entgegengesetzte Richtung, und prompt befand ich mich auf der
Umgehungsstraße weit um Weilerswist herum. Das war ein riesiger Umweg.
Im nächsten Ort, Bliesheim, fehlten wieder die
Straßenschilder. Ich fragte einen Anwohner, und diesmal landete ich auf der
richtigen Straße in Lechenich. Wegen des riesigen und schönen Marktplatzes
hatte ich mir dieses Ziel ausgewählt. Pause wollte ich machen, ein Weizenbier
trinken. Doch Außengastronomie war in Lechenich unbekannt. Ein Eiscafé quoll
über von Menschen, außerdem eine Bäckerei, das war es. Das war eine Schande für
einen solch schönen Marktplatz. Der Durst auf ein Weizenbier war mir vergangen,
denn ich hatte keine Lust, mir in dem Eiscafé in diesem Gewimmele von Menschen
einen freien Platz zu suchen.
Also weiter nach Liblar. Auf dem Weg dorthin setzten sich
die typischen Radfahr-Erlebnisse fort.
Die Umgehungsstraße von Lechenich endete. Dahinter rauschte der Verkehr über
die Autobahnauffahrt auf die A61. Die Straße weitete sich auf vier Spuren. Rechterhand
zunächst die Auffahrt in Richtung Koblenz, dann die Auffahrt in Richtung Köln.
Ich suchte verzweifelt. Weder auf der einen Seite, noch auf der anderen Seite
gab es einen Radweg. Also mitten hindurch ! Durch den Autoverkehr. Niemand
hupte, LKW’s brausten fleißig an mir vorbei, einige hundert Meter weiter wurde
ich erlöst durch die Abbiegespur eines Radwegs.
In Liblar wurde ich an die Wurzeln der Revolution von 1848
erinnert, die eigentlich keine war. Carl Schurz war in Liblar geboren. 1849 war
er gemeinsam mit Gottfried Kinkel eine der maßgeblichen Wortführer der
Revolution im Rheinland. Als er wegen Volksverhetzung verfolgt wurde, floh er
nach Baden. Dort zettelte er eine neue Revolution an, das war die badische
Revolution. Erneut verfolgt, floh er nach London und Paris. Da selbst dort preußische Truppen präsent waren, wanderte er 1852 nach
Amerika aus.
In Liblar sollte ich endlich mein Weizenbier bekommen. An
einem schmucklosen Platz, wo die Hauptstraße zum Bahnhof abbog, waren an einem
Eiscafé reichlich Plätze frei. Zu zweit oder zu dritt, gesellten sich Schüler
dazu. Ich streckte meine Beine in die Länge. Die goldene Oktobersonne schien
ungestört.
Wunderschön, wie zuvor im Kottenforst, tauchte ich hinter
Liblar in die Idylle des Herbstes ein. Auf dem eigenen Radweg war ich für mich
alleine. Zwischen den Bäumen hindurch, schillerte rechterhand die Oberfläche
des Liblarer Sees. Ansatzweise konnte ich erkennen, welche Seenlandschaft man
aus dem früheren Braunkohlentagebau geschaffen hatte. All die Seen zwischen
Brühl und Liblar kannte ich kaum. Nicht nur zur Herbstzeit, muss es dort
wunderschön sein.
Wieder dieses Farbenspiel von Rot nach Grün nach Gelb nach
orange. Ich genoß es, denn in einigen Wochen würde es mit dieser Pracht vorbei
sein.
Hallo lieber Dieter
AntwortenLöschenWas für eine schöne Tour, herliche Landschaft, wundervolle Bauten und dazu herlichen gooldenen Oktober.
Was will man mehr...
Mit dem Auto habe ich diese Tour auch schon gemacht. Doch mit dem Rad, stramme Leistung... Respekt.
Hab einen gemütlichen Abend und sei ♥ lich gegrüßt
Angelika
Ha Dieter,
AntwortenLöschenIk geniet ervan om te lezen over wat je allemaal gezien hebt onderweg. Vooral kastelen aan het water hebben mijn interesse. Complimenten voor je schrijven in het nederlands. Is het beter dat ik Duits schrijf op jouw blog? Ik kan het een beetje schrijven.
Hartelijke groet.
Eine herrliche und wahnsinnig lange Tour *wow*
AntwortenLöschenVielen Dank, dass du uns mitgenommen hast. Schöne Bilder und interessante Beschreibungen bestärken das Gefühl des "Dabeigewesenseins" :-)