Ab Mitte der 90er Jahre habe ich das Manager Magazin
verschlungen. Möglichst viel wollte ich in andere Unternehmen hinein schauen,
mit der eigenen Firma vergleichen, theoretisches mit praktischem verknüpfen.
Reflektiert habe ich die Berichte, und es hat mir geholfen, den Blick auf das eigene
Unternehmen von ganz oben – Konzernspitze, Vorstand oder Geschäftsführung – zu
schärfen.
Seit Mitte der 2000er Jahre habe ich die Wirtschaftspresse
gewechselt: seitdem lese ich die Wirtschaftswoche, weil dort stärker über
drängende Themen berichtet wird, die die Menschheit bewegen: die Grenzen des
Wirtschaftswachstums; nachhaltiges Wirtschaften; Entwicklung der
Volkswirtschaften und Nutzenkalküle des einzelnen; der Kunde als das unbekannte
Wesen, das über Geschäft und Erfolg entscheidet; alles, was mit Abläufen und
Prozessen zu tun hat; wie schnelllebig unsere Zeit ist und wie der Mensch mit
immer kürzeren Produktlebenszyklen zurechtkommt; wie sich Büro und Arbeitswelt
verändern… Ob am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder beim Einkaufen –
wirtschaftliche Themen haben unseren Alltag durchdrungen.
Stapel alter Manager Magazin-Hefte haben sich im Laufe der
Jahre angesammelt. Wegwerfen ? Das ist so eine Sache mit dem Wegwerfen: ich
traue mich nicht. Noch einmal durchblättern. Die Ausgabe aus Juli 2003.
Ich fühle mich bestätigt. Die großen Themen, die die
Menschheit bewegen, vermisse ich. Unauffällig, aber prägend schleicht sich der
Typ des Managers in die Berichte hinein. Er gestaltet die Berichte in der Art
und Weise, wie er sein Unternehmen führt. Über Erfolg oder Misserfolg
entscheiden die Geschäftszahlen.
Schnell werde ich fündig, was man weithin mit Managern
verbindet: Manager-Gehälter. Der Vorstandsvorsitzende von Daimler-Benz verdiente
damals 10,82 Mio €, Josef Ackermann von der Deutschen Bank 6,95 Mio € und so
weiter. Das sind Beträge, die jenseits jedweder Vorstellbarkeit liegen,
vollkommen verrückt und abgedreht. Wenn man dann noch diskutiert, wie hoch die
Gehälter derjenigen Manager sind, die ihr Unternehmen an die Wand gefahren
haben, verlieren diese Manager vollends die Realität.
Mehrere Berichte beschreiben die Flüchtigkeit und
Schnelllebigkeit von Unternehmen. Nichts hat dauerhaften Bestand. In
permanentem Fluss muss sich alles verändern. Was heute gilt, gilt Morgen nicht
mehr. „Panda rhei“ – „alles fließt“ – was bei Heraklit natürlich klingt, wird
bei Managern zum Zwang, zum Ziel, welches über den Geschäftserfolg entscheidet.
Über die Reorganisation bei RWE wurde berichtet – nichts hat in Unternehmen
einen kürzeren Bestand wie Organisationsstrukturen. Preiskämpfe in der
Luftfahrtbranche. Nicht nur dort, auch in anderen Branchen lebt unser
Wirtschaftssystem davon, dass es stärkere und schwächere gibt, neue Unternehmen
kommen, andere verschwinden, und in Branchen wie dem Einzelhandel herrscht
sozusagen dauerhaft Krieg – ein Friedensabkommen ist nicht in Sicht. Tragisch
war der Bericht über einen Bauelementehersteller (für Handys, Radios,
TV-Geräte, Signalanlagen, Haushaltsgeräte …), der auf dem Weltmarkt mit
Lohnkosten in Mexiko, Korea und China konkurriert. In der Haut dieser Manager
möchte wahrscheinlich niemand stecken, denn sie waren dabei, die Beschäftigten
in deutschen Werken von 3.700 auf 2.500 zu reduzieren. Personalabbau und
Werksschließungen, in regelmäßigen Zyklen wiederholt sich dies – in einigen Jahren ist
das Opel-Werk in Bochum an der Reihe. Tragisch und schlimm ist dies für die
Betroffenen .
Einen wahren Satz von Piech (VW-Aufsichtsrat) habe ich
gefunden, der genau meinen eigenen Erfahrungen entspricht:
„Wenn man ein Unternehmen zerstören will, muss man nur
versuchen, es mit externen Beratern in Ordnung zu bringen.“
Manager, die für unpopuläre Themen Unternehmensberater
einsetzen, entfachen einen Schein-Aktionismus, solange die Berater präsent
sind. Wenn die Berater abgezogen sind, flaut die Aktionswelle wieder ab, und
schlimm wird es, wenn die Unternehmensberater zur Regelmäßigkeit werden, denn
dann wird aus dem Unternehmen ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Dann merkt
vielleicht der Manager viel zu spät, dass er selbst für diese Unordnung gesorgt
hat. Desorientiert, fehlen ihm womöglich die Mittel, seinen Laden wieder in den
Griff zu bekommen.
Abgedreht, elitär und nicht meinen sportlichen Neigungen
entsprechend, ist der letzte Bericht – über Golfspielen. Eingebildet zu sein
und etwas besseres darstellen zu wollen, dieses Image klebt wahrscheinlich auch
auf dem Manager. Golf – abgeschottet von der Außenwelt, als elitärer Zirkel,
kommunizieren nur solche Menschen miteinander, die einen entsprechenden Geldbeutel
haben. Damit das Golfspielen einen finalen Kick bekommt, wird nicht irgendwo
und die Ecke Golf gespielt, sondern in Irland. Die sieben schönsten Golfplätze
in Irland werden beschrieben, davon sind manche eigens von
Landschaftsarchitekten gestaltet worden. Manager sind stressgeplagt und die Wirbelsäule
ist am Arbeitsplatz besonderen Belastungen ausgesetzt. Daher wird nebenher
beschrieben, wie man durch eine richtige Schlagtechnik Problemen mit der
Wirbelsäule vorbeugen kann.
Wenn ich alle Berichte überfliege, dann entdecke ich nicht
allzu viel, was über Jahrzehnte fortbesteht. Vieles verflüchtigt sich, ist
nicht mehr greifbar, um später irgendwo anders in einer veränderten
Konstellation wiederzukehren. Unstrittig sind wirtschaftliche Themen
existenziell und höchst spannend.
Drängende Themen, die die Menschheit bewegen, finde ich in
der Wirtschaftswoche. Von dem alten Ballast, der den Lebenszyklus einer
Eintagsfliege besitzt, trenne ich mich gerne. Der Stapel der alten Manager
Magazin-Hefte wird sich demnächst im Altpapier wiederfinden.
Zeitschriften hebe ich MAXIMAL ein Jahr auf, meist aber nur den interessanten Artikel - und in den letzten Jahren habe ich kaum überhaupt noch Papier gekauft. Ich bin so ein richtiger Bildschirmjunkie geworden.
AntwortenLöschenGrüße! N.
Hallo,
AntwortenLöschenalso da bin ich eisern, ich sortiere immer aus. Natürlich gibt es Zeitschriften von denen ich mich nicht trennen kann. Nunja, eine Managerzeitschrift, bräuchte ich dann allerdings auch nicht, lach. Aber wen es interessiert, bei mir sind es dann eher andere Zeitschriften, die bei uns zu Hause landen.
Lg
Barbara
Hallo Dieter,
AntwortenLöschenan externe Berater habe ich auch gar keine guten Erinnerungen. Ich war einmal in einem Unternehmen, das beraten wurde. Danach wurde entlassen, dann wieder eingestellt. Auch da keine Nachhaltigkeit im Blick.
Was Bielefeld angeht hast du Recht - vom Bahnhof zum schrecklichen Telekomturm gab es bis jetzt nicht viel zu sehen. Aber: Der Kesselbrink (hässlicher Platz vorm T-Kom-Gebäude) wird jetzt endlich renoviert, mit Bäumen sogar!!! Auch der Schützenberg ist frisch überarbeitet mit einem großartigen Park. Und dann gibt es ja noch den Tierpark, den bot. Garten, die Burg und viele andere grüne Orte, alle kostenlos. Bielefeld ist auf den ersten Blick vielleicht keine erste Wahl, aber wirklich lebenswert.
Schönes Wochenende!
Elke