Ich wollte üben, das Siebengebirge rauf und runter. Rauf von Oberdollendorf, an Kloster Heisterbach vorbei, Heisterbacherrott, Thomasberg, dann runter nach Oberpleis, wieder rauf nach Westerhausen.
Ein erster Test in diesem Jahr, wie ich die beiden Berge schaffen würde. Ich hatte mich Ostermontag für das Radrennen „Rund um Köln“ angemeldet (67 km). Mitte Februar hing der Winter noch in der Luft. Die Temperaturen waren gedämpft, und zuvor war ich noch unentschlossen, ob ich mich überhaupt auf meinem Rennrad abstrampeln sollte. Doch meine Leidenschaft für die Natur und das Erleben auf dem Fahrrad hatte gesiegt.
Den Berg hoch nach Westerhausen. Der erste lange Anstieg aus dem Rheintal lag hinter mir, und erfahrungsgemäß sollte dieser zweite Anstieg zeigen, wie gut (oder schlecht) ich mit meiner Kondition drauf war. Das lange Band der Straße schob sich unaufhörlich den Berg hinauf. Ich schaltete herunter, in einen ziemlich kleinen Gang, und mit der Stetigkeit eines Uhrwerks arbeitete ich mich vorwärts. Ich atmete gleichmäßig. Das klappte bisher ganz gut, voll konzentrierte ich mich auf meinen Körper. Doch dann diese nervigen Schlaglöcher. Ein Loch reihte sich an das nächste Loch, danach war die Fahrbahn wieder in tadellosem Zustand, bis das nächste Schlagloch eher die Dimension eines kleineren Kraters umfasste. Ich hatte Mühe, meinen gleichmäßigen Rhythmus behalten. Doch kurz vor Westerhausen verbesserte sich der Straßenzustand, bis zum Bergkamm hielt meine Kondition und ich genoß es, dass ich ohne allzu großen Tretaufwand an Geschwindigkeit gewann.
Der Blick schweifte in die Ferne. Diese berauschende Aussicht, das war sonst der Lohn, wenn der Berg geschafft war. Doch heute war es nicht diese schöne und in Szene gesetzte Landschaft. Die spätwinterlichen Töne dominierten. Blass, matt und ohne Farbtupfer waren die Wechsel zwischen Bergen und Tälern. Nicht so markant wie sonst stach die Kirche in Söven aus der nächsten Anhöhe hervor. Bis zum Horizont zog sich die Wolkendecke mit ihrem Einheitsgrau; keine einzige Lücke blauen Himmels öffnete sich. Die bewaldeten Berghänge zwischen Wahnbachtal, Bröltal und Siegtal gingen ohne Konturen in diesem zähen Himmelsgrau unter. Es fehlte die Leichtigkeit beim Fahrradfahren, und zudem musste ich mich bei den niedrigen Temperaturen in meine gefütterte Traningsjacke und meine Handschuhe einpacken.
Den Berg nach Hennef runter. Ich passierte die Sportschule, wo überhaupt nichts los war. Der überdimensionale Parkplatz war leergefegt, und auch auf den Sportanlagen war keine Menschenseele zu sehen.
Hennef rein und raus, und inmitten der Mülldeponie am Autobahnkreuz Bonn/Siegburg konnte ich dieser spätwinterlichen Ereignislosigkeit durchaus etwas positives abgewinnen: aus dem Schornstein an der Recyclinganlage für Bauschutt stieg nämlich eine Rauchsäule senkrecht in die Luft. Kerzengerade entwich der Rauch über dem Lärm der nahen Autobahn bis in große Höhen, wobei ihn kein Windhauch störte. Windstille bedeutete für mich immerhin, dass ich auf der restlichen Strecke mit keinerlei Gegenwind zu rechnen hatte. Und bei stärkerem Gegenwind hätte ich durchaus noch Probleme mit meiner Kondition bekommen können.
Flach, den Sieg-Radweg entlang, die Felder über Sieglar nach Rheidt, spulte ich die restliche Strecke herunter. Zu Hause zeigte das Thermometer +2 Grad an, wobei mir – warm eingepackt auf dem Rennrad – die Temperatur höher vorgekommen war. 2 ¼ Stunden hatte ich gebraucht – etwas langsamer wie sonst. Am Ende des Tages hatte dann doch dieses ausfüllende Gefühl, alles so hautnah wie sonst erlebt zu haben.
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